Erfolgreicher Einsatz gegen Menschenhandel :: Pfannenstiel-Tagung 2015

Silvia Steiner: Ohne Mitleid gegen das organisierte Verbrechen

Staatsanwältin Silvia Steiner referiert
in der Uetiker Krone.

Staatsanwältin Silvia Steiner (Mitte)
mit Kantonsrat Lorenz Schmid (rechts)
und CVP-Bezirkspräsidentin Nicole Lauener (links).

Silvia Steiner im angeregten Gespräch
mit Alt-Regierungsrat Prof. Ernst Buschor.

Silvia Steiner (Mitte)
mit Kantonsrat Lorenz Schmid (Männedorf)
und Gemeinderätin Nicole Lauener (Erlenbach).


Erfolgreiche Staatsanwältin referierte an der Pfannenstiel-Tagung
Sie habe soeben per SMS die Mitteilung erhalten, dass die Polizei eine Drogensendung abfange. Wenn alles gut klappe, könne sie morgen zu den Verhaftungen schreiten und am Montag stünde alles in der Zeitung. Mit dieser Begrüssung hatte Staatsanwältin Silvia Steiner die Aufmerksamkeit der Zuhörer im übervollen Kronensaal auf ihrer Seite. Die Abteilungsleiterin Betäubungsmittel/Organisierte Kriminalität der Staatsanwaltschaft II zeigte an der Pfannenstiel-Tagung anhand konkreter Beispiel aus ihrer täglichen Arbeit, wie Menschenhandel im Prostitutionsmilieu funktioniert und welche Elemente eine erfolgreiche Bekämpfung des organisierten Verbrechens ermöglichen.
Auch wenn das Milieu vom Strassenstrich über Kontaktbars, sogenannte Flatrates, Saunaclubs, Cabarets hin bis zum Escort-Service äusserst vielschichtig ist, sei die Situation für die Prostituierten in den meisten Fällen elend und erbärmlich. Von Menschenhandel spricht die Staatsanwaltschaft, wenn über das Opfer wie über ein Objekt verfügt und das sexuelle Selbstbestimmungsrecht verletzt werde.

Wie das organisierte Verbrechen funktioniert

Konkret werden in Osteuropa, Asien und Lateinamerika Frauen aus armen Verhältnissen mit falschen Versprechungen, etwa einer Arbeitstelle, bereits in ihrem Heimatland angeworben. Teilweise werden aber auch Mädchen von ihren Eltern an Zuhälter verkauft. Diese bevorschussen die Reise in die Schweiz. Zunächst gehen jedoch meist alle Einnahmen an den Zuhälter und die Frau bekommt gemäss Steiner ausser Drohungen und Prügel oft nichts. Völlig mittellos wird sie in der Prostitution festgehalten und kann nicht zurückkehren. Wenn Staatsanwältin Steiner gegen die Zuhälter vorgeht, wie etwa im Zürcher Mammutprozess gegen die Ungaren-Zuhälter vor vier Jahren (25. 8. 2010), ist das Problem, dass die Beweislast beim traumatisierten Opfer liegt.
Verwandte oder Partner der Zuhälter im Heimatland setzen die Angehörigen der Frauen oft stark unter Druck. Deshalb reden sie nicht gern. Sie müssen mit schlimmen Konsequenzen rechnen, wenn sie gegen die Zuhälter aussagen. Es sei schon zu Freiheitsberaubungen und Folter gekommen, wusste Silvia Steiner in ihrer sachlichen und packenden Art zu berichten. Wenn die Ermittlungsresultate klar sind und die verdächtigen Männer in Untersuchungshaft sitzen, erleichtert das die Aussagen der Frauen. Nur so haben sie die Gewissheit, nicht mehr der Gewalt ausgesetzt zu sein und seien bereit zu reden.

Differenzierte Sicht auf Opfer und Täter

Steiner zeichnete jedoch kein schwarz-weisses Opfer-Täter-Bild. Auch die Zuhälter kommen meist aus ärmlichen Verhältnissen und haben ebenfalls ein schlechtes Bildungsniveau. Dies vereinfache die Arbeit der Ermittlungsbehörden hierzulande bis zu einem gewissen Masse. Oft seien auch sie verheiratet und hätten wie auch die Opfer zu Hause Kinder, häufig aber auch noch gleichzeitig Beziehungen zu verschiedenen Frauen hier. Um die Beeinflussung der Frauen durch die Zuhälter während der Untersuchung zu verhindern, werden sie in getrennten Räumen durchgeführt und die nötigen Aussagen per Video übertragen.

Filmaufnahmen, die unter die Haut gehen

Anhand von verpixelten Filmaufnahmen konnten sich die Teilnehmer der Pfannenstiel-Tagung in Uetikon selbst ein Bild davon machen, wie schwierig eine Befragung ist, wenn etwa ein Vergewaltigungsopfer aus äusserst einfachen Verhältnissen Begriffe für Geschlechtsteile oder Reissverschluss selbst in seiner Muttersprache nicht kennt und sich nur durch Gesten oder zeigen einigermassen verständlich machen kann. Im Laufe der Jahre hat Steiner die Befragung der Opfer optimiert, was zu verwertbareren Aussagen der Opfer und mehr Erfolg vor Gericht führt. So instruiert Steiner die Begleitpersonen vor der Befragung, oder wählt die Dolmetscher mit Bedacht aus. Ihr Geheimnis sei, den Opfern immer mit Empathie, aber nie mit Mitleid zu begegnen, sagte Steiner.
In der Diskussion wollte das Publikum wissen, wie Steiner all' diese Misere überhaupt ertragen könne. Die schon seit mehreren Jahren verwitwete Staatsanwältin findet Ausgleich zu Hause in ihrer Familie mit den nun erwachsenen Kindern und den betagten Eltern, die zusammen in einem Drei-Generationen-Haus wohnen.

Lorenz Schmid: Mein Einsatz für den Bezirk Meilen

Im Anschluss an den Vortrag von Silvia Steiner, die für den Regierungsrat kandidiert, erläuterte Kantonsrat Lorenz Schmid (CVP Männedorf) noch kurz, weshalb er sich für eine neue Mittelschule in Uetikon am See einsetzt und was er alles unternommen habe, damit nun trotz allem zumindest zeitweise wieder modernes Rollmaterial auf der S7 verkehre – weitaus mehr, als die von den SBB versprochenen zwei Kurse.